Historie

Wie kam der talentierte und ehrgeizige Motorrad-Rennfahrer und Tüftler Helmut Fath auf die Idee, einen eigenen Rennmotor für sein Seitenwagengespann zu entwickeln und wie schaffte er es, mit diesem URS-500-Motor seine zweite WM-Krone zu erringen?

die Idee ….

Helmut Fath wurde 1960 als Privatfahrer das erste Mal Seitenwagen-Weltmeister mit einem selbst getunten BMW-RS-Motor. Im folgenden Jahr hatte er einen tragischen Unfall auf der Nordschleife, bei dem sein Beifahrer Alfred Wohlgemuth starb und er selbst schwer verletzt wurde. Trotzdem wollte er weiter Rennen fahren, bekam aber keine BMW-Teile mehr, so dass er die folgenschwere Entscheidung traf, ein eigenes Gespann mit einem eigenen 4-Zylinder-4Takt-Motor zu entwickeln. Bei dieser Idee fand er kompetente Unterstützung von Peter Kuhn und einigen Freunden, die voller Leidenschaft und Tatendrang an das Projekt gingen.

Seitenwagenrennen Hockenheim 1960 – Helmut Fath auf BMW:

https://www.ardmediathek.de/ard/video/swr-retro-sport-im-suedwesten-sport-am-wochenende/motorradrennen-auf-dem-hockenheimring/swr-de/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNjI3NjM/

Helmut Fath
Helmut Fath
(Quelle: Archiv Meesters)

die Realisierung ….

Für die Konstruktion eines eigenen Motors setzte Helmut Fath auf das ungewöhnlich breit gefächerte technische Wissen und die Erfahrungen von Prof. Dr. Ing. Peter Kuhn und zeitweise auch Ing. Hans Hartmann.

Das Ziel war ein konkurrenzfähiger Motor mit mehr Leistung, weshalb das Konzept einen luftgekühlten 4-Zylinder-4-Takt-Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen vorsah mit mehr Leistung, hohen Drehzahlen und möglichst geringen Schwingungskräften.

Bei der Realisierung half zwar die berufliche Verbindung zu einigen deutschen Spezialbetrieben im Metall-Bereich wie INA und Bosch, aber es gab keine finanzielle Werksunterstützung aus der Motorradindustrie. Mit Hilfe von etlichen Freunden dauerte es einige Jahre, bis der Motor lief, es mussten alle Teile und Vorrichtungen selbst gefertigt werden, es war eine mühsame Abstimmung von Ventileinstellung, Zündung und Gemisch.

Danach musste die Zuverlässigkeit des Motors gewährleistet werden, weshalb der URS-Motor in Solomaschinen auf den Rennstrecken getestet und kontinuierlich verbessert wurde. Für ein kleines Privatteam mit knappem Budget und ewigem Zeit- und Erfolgsdruck ein gewaltiger Aufwand.

Prof. Dr. Ing. Peter Kuhn
(Quelle: Winni Scheibe)

die Krönung ….

Helmut Fath war ab 1966 mit dem URS-500-Motor in der Seitenwagen-WM unterwegs und erreichte etliche Achtungserfolge, aber auch einige Ausfälle. 1968 war es endlich soweit! Er konnte mit Kopilot Wolfgang Kalauch die Seitenwagen-Weltmeisterschaft gewinnen. Es war der erste WM-Titel einer Nicht-BMW seit 1954. 1969 wurde er nochmals Vize-Weltmeister, 1970 beendete er nach einem schweren Unfall seine Rennsportkarriere und verkaufte den Rennstall an Münch.

Horst Owesle mit Beifahrer Peter Rutterford konnten 1971 einen zweiten WM-Titel mit dem URS-500-Motor einfahren als Team Münch-URS.

Bei den Solomaschinen mit Fahrern wie Karl Hoppe und John Blanchard konnten einige Achtungserfolge und Rundenrekorde eingefahren werden, die Solo-URS mit ihrem Potential galt als Konkurrenz zu MV Agusta und Agostini.

Fath mit URS in Oulton Park 1969:

https://www.britishpathe.com/video/VLVA7N44VXGP3PPAMKDBJ8M8GXWZU-UK-MOTORCYCLE-RACING-AT-OULTON-PARK/query/motorcycle+racing

Fath/Kalauch 1968 beim WM-Gewinn
(Quelle Archiv Meesters)

heute …..

Nach dem Verkauf und der Pleite von Münch-URS verschwanden alle Motorräder und das Zubehör in Sammlerhänden.

Schade, denn der URS-500-Motor hatte für damalige Zeiten viel Potential. Es gab einige Neuerungen, die noch immer Einfluss auf die heutige Motorsportszene haben wie die Verwendung von Titan, die aussergewöhnliche Zündfolge oder die Ventilfedern.

Es gibt zahlreiche Berichte in Oldtimer-Zeitschriften und Fachbüchern, Ausstellungen in Museen (z.B. NSU-Museum in Neckarsulm mit einer Münch-URS) und Gedenk-Veranstaltungen wie „Ursenbach bebt“. Einige Sammlerstücke werden gelegentlich auf Klassik-Veranstaltungen vorgeführt und finden grosses Interesse, nicht nur wegen der interessanten Technik, sondern auch wegen dem aussergewöhnlichen Motor-Sound.

Aber der technische Aufwand und das Verständnis für den Erhalt der Motoren ist enorm, zumal es auch unterschiedliche Entwicklungsstufen der Motoren gibt. Das Knowhow stirbt langsam aus.

Wer jemals eine röhrende URS-500 live erleben darf, sollte diesen Augenblick geniessen und evtl. einen Mitschnitt auf Youtube veröffentlichen.

Der Mythos URS soll weiterleben!

Rollout URS 500 in Oschersleben 2020:
https://www.youtube.com/watch?v=uau2D2WjbS8

URS 500 im Juni 2020